Secondhand ist im Kommen – und wird für immer größere Teile der Bevölkerung interessant. Es ist nicht mehr allein der Geldbeutel, der bei der Anschaffung gebrauchter Möbel, Kleidung oder Haushaltsgegenstände die entscheidende Rolle spielt. In den Mittelpunkt rückt zunehmend der Wunsch, nachhaltig mit den Ressourcen der Erde umzugehen.
Gebrauchte Kleidung ist inzwischen für breite Schichten der Bevölkerung attraktiv geworden: Es gibt Secondhand-Designer-Boutiquen, Kleidertauschpartys, online-Portale, kleine und große Flohmärkte. „Dass Secondhand ausschließlich von ärmeren Menschen gekauft wird, ist ein Gerücht. Es gibt keine Studie, die das belegt. Und wenn man sieht, wer bei ebay handelt, wird klar: Das macht jeder, weit über den Textilbereich hinaus“, so Daniela Kaminski, Fachfrau für Marketing und Vorstandsmitglied des Verbandes Second-Hand vernetzt.
Eltern als Vorreiter
„Besonders empfänglich für Secondhandkleidung sind Eltern“, erzählt Kirsten Brodde, Campaignerin bei Greenpeace in Hamburg. „Sie machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder und wissen: Wenn wir in diesem Tempo weiter neue Sachen kaufen, werden Ressourcen und Energien benötigt, die unser Planet nicht hergibt.“ Unlängst hat Greenpeace zwei Umfragen veröffentlicht, die zeigen, dass vor allem Eltern Secondhandkleidung als günstig und qualitativ gut empfinden. 58 Prozent der Mütter betonen, dass sie Kleidung ohne Chemie kaufen möchten. Gerade hier ist Secondhand erste Wahl, denn mögliche Schadstoffe sind bereits ausgewaschen.
Rückbesinnung auf’s Besondere
Ist der Nachwuchs den gebrauchten Kinderschuhen entwachsen, fühlt er sich allerdings eher zu billiger Massenware und Markenkleidung hingezogen. „Alternativen aus zweiter Hand sind bei Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren immer noch mit Vorurteilen behaftet“, weiß Kirsten Brodde, selbst Mitglied der Hamburger „Kleiderei“ – einer Modebibliothek, in der Kleidung ähnlich wie Bücher verliehen wird². „Ökomode gilt als zu teuer, bereits Getragenes als muffig und altmodisch.“ Für derartige Vorurteile sind junge Erwachsene weniger empfänglich. „Sie sind der Secondhandkultur zunehmend zugetan“, meint Daniela Kaminski. Dies liege auch an einem größeren Verständnis für Nachhaltigkeit und Ökologie innerhalb der Gesellschaft. „Noch 1999 interessierte sich laut einer Marktstudie beim Kauf von Secondhandartikeln niemand für Umweltfragen“, berichtet die Münsteranerin. „2012 hingegen lag das Thema Ökologie bei 25% der Secondhand-Kund_innen ganz vorn.“ Auch Wertschätzung und Achtsamkeit sind für viele der jungen, aber auch für ältere Menschen eine entscheidende Motivation. „Den Käuferinnen und Käufern ist es wichtig, dass die Produkte eine Geschichte haben und dass Menschen – nicht Maschinen – für ihre Herstellung verantwortlich sind“, meint Daniela Kaminski.
Bereicherte Innenstädte
Secondhandläden tragen auch zu einer höheren Attraktivität der Innenstädte bei – weil sie origineller sind als die standardisierten Geschäfte bekannter Marken. Etwa 10-12.000 Secondhandläden gibt es heute in Deutschland, schätzt Daniela Kaminski. „Allerdings merkt man oft gar nicht, dass man in einem Laden mit gebrauchter Ware ist. Denn die Branche hat sich professionalisiert. Heute ist Secondhand kein Hinterhofphänomen mehr. Die meisten Geschäfte befinden sich in einer 1b-Lage.“ Das liegt auch daran, dass die Gründer_innen von Secondhandläden heute von ihren Geschäften leben wollen – und sie nicht mehr als Hobby betreiben wie viele Begeisterte der Anfangsjahre. Zunehmende Bedeutung haben neben den privaten Läden auch die gemeinnützigen Secondhandgeschäfte: Die Sozialkaufhäuser, die Langzeitarbeitslosen eine neue Chance geben, und die Charity Shops, die hauptsächlich mit Ehrenamtlichen arbeiten. Beide leben ausschließlich von Spenden. Ihre Arbeit sieht Daniela Kaminski positiv: „Besonders bei Haushaltsauflösungen fällt es Menschen schwer, sich von Dingen zu trennen, weil sie eine persönliche Bindung dazu haben. Wenn sie aber wissen, dass sie ihren Besitz für einen guten Zweck weggeben, fällt ihnen das Aussortieren leichter.“
Upcycling: Spaß am Kreativen
Doch nicht nur der Konsum aus zweiter Hand ist im Kommen, findet Daniela Kaminski: „Ganz groß im Trend ist das Upcycling von Möbeln oder Textilien. Menschen entdecken ihre Kreativität – und machen zum Beispiel aus drei Kleidungsstücken eins.“ Um ihre Ideen umzusetzen, nutzen viele Veränderungswillige virtuelle Portale mit Tipps zum Upcyceln von Kleidung oder laden sich Schnitte für Nähanfänger_innen herunter.
„Die jungen Leute haben Lust auf Mode – und Secondhand bietet ihnen die Möglichkeit, selbst zu gestalten,sich zu verändern und ihren Stil mit originellen Einzelstücken aufzupeppen“, so Kaminski. Der Fantasie sind dabei praktisch keine Grenzen gesetzt.